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Collinas Erben: Textsonderausgabe zum 32. Spieltag

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In dieser Woche wird es – bedingt durch die re:publica – keine neue Podcastfolge von »Collinas Erben« geben. Dafür bieten wir aber eine Textsonderausgabe mit Einschätzungen zu kontrovers diskutierten Entscheidungen des vergangenen Spieltags an.


Borussia Dortmund – FC Bayern

Eine ganz schwierige Aufgabe für Schiedsrichter Peter Gagelmann, für den sich unter anderem in gleich drei Situationen die Frage stellte: Strafstoß oder nicht? Sowohl in der 13. Minute (Contento vs. Gündoğan) als auch in der 50. Minute (Subotić vs. Pizarro) ließ er die Partie weiterlaufen – und das war allemal vertretbar. Denn in beiden Szenen mag es zwar zu einem leichten Kontakt gekommen sein, doch gingen die vermeintlich Gefoulten jeweils arg theatralisch zu Boden. Anders gesagt: Für ihr Fallen war der besagte Kontakt letztlich nicht ausschlaggebend, und das spielt für einen Schiedsrichter eine gewichtige Rolle bei der Entscheidungsfindung.

So blieb es bei einem Elfmeter, verhängt in der 59. Minute nach einem Handspiel von Boateng. Und auch hier lag Gagelmann richtig, denn der Innenverteidiger des FC Bayern lenkte den Ball nach dem Schuss von Sahin mit der linken Hand ab, die er hochgerissen hatte, um nicht vom Ball im Gesicht getroffen zu werden. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung gibt es keine »Schutzhand«; es mag menschlich zwar verständlich sein, dass man sich das Spielgerät nicht auf die Nase oder Zähne schießen lassen will – regeltechnisch gesehen liegt hier jedoch eine »unnatürliche« Hand- bzw. Armhaltung vor, und die Hand bzw. der Arm geht zum Ball. Die diesbezügliche Alternative für den betreffenden Spieler besteht darin, den Kopf einzuziehen oder wegzudrehen.

Richtig hektisch wurde es dann in der 64. Minute im Anschluss an einen Zweikampf zwischen Rafinha und Błaszczykowski. Für den Schiedsrichter sah es offenbar so aus, dass der Dortmunder hier zuerst Foul spielte (denn die Partie wurde schlussendlich mit einem Freistoß für Bayern fortgesetzt) und Rafinha erst danach seinen Ellenbogen ausfuhr – eine Einschätzung, die zwar nicht stimmte, in der Originalgeschwindigkeit aber zumindest nicht abwegig erscheint. Augenscheinlich gab es die Gelbe Karte für Błaszczykowski dann auch wegen des Schubsers gegen den Bayern-Verteidiger. Rafinhas Ellenbogeneinsatz wiederum kann man mit gutem Recht als Schlagbewegung interpretieren; hier wäre eine Rote Karte fraglos angemessen(er) gewesen.

Dass die Sanktionierung in dieser Situation so lange dauerte, dürfte wesentlich damit zusammenhängen, dass Gagelmann erst noch warten wollte, bis sich die Gemüter zumindest ein bisschen beruhigt haben. Denn in aller Regel ist es kontraproduktiv, in der größten Hektik die Karten zu zeigen. Dass Rafinha anschließend noch einmal auf Błaszczykowski losging und am Spielfeldrand auch noch Klopp und Sammer aneinander gerieten, war für den Referee und seine Assistenten schlechterdings nicht zu verhindern. Gagelmann zeigte sich in dem ganzen Tohuwabohu aber ruhig und nervenstark und schaffte es schließlich, die Brände wieder auszutreten.

Update: Rafinha bekam vom Sportgericht des DFB wegen unsportlichen Verhaltens zusätzlich zur obligatorischen Sperre von einem Spiel, die nach einer Gelb-Roten Karte fällig wird, ein weiteres Spiel Sperre sowie eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 Euro aufgebrummt.

VfB Stuttgart – SpVgg Greuther Fürth

Beim Zweikampf zwischen Prib und Harnik im Strafraum der Gäste (50. Minute) entschied Schiedsrichter Guido Winkmann auf »Stürmerfoul«, was wohl auch die Fürther überrascht haben dürfte – hier wäre eigentlich ein Strafstoß für den VfB fällig gewesen, denn Prib hatte Harnik am linken Unterschenkel getroffen und ihn so zu Fall gebracht. Im direkten Gegenzug erzielten die Franken das 0:1.

Kurios war die Szene in der 74. Minute: Fernab vom Spielgeschehen und im eigenen Strafraum versetzte der Stuttgarter Rüdiger dem Fürther Klaus einen leichten Tritt. Da es bei Fouls – und um ein solches handelte es sich hier – nicht darauf ankommt, wo gerade der Ball gespielt wird, sondern darauf, wo es zum Kontakt kam, gab es folgerichtig einen Strafstoß für die Gäste. Außerdem stellte Winkmann Rüdiger vom Platz, weil er dessen Aktion als Tätlichkeit wertete – eine Entscheidung, die allgemein auf Zustimmung stieß. Angesichts der sehr niedrigen Intensität des Tritts wäre jedoch auch eine Verwarnung wegen unsportlichen Verhaltens denk- und vertretbar gewesen.

Eintracht Frankfurt – Fortuna Düsseldorf

In der Bundesliga wird ja gerne mal wegen Nichtigkeiten protestiert. Umso bemerkenswerter, dass es in diesem Spiel zu einem groben Foulspiel kam (das man sogar als Tätlichkeit einstufen könnte), ohne dass sich jemand beklagte – und das, obwohl es auch noch im Strafraum begangen wurde. Gemeint ist die Situation in der 57. Minute, als der Frankfurter Zambrano den Düsseldorfer Malezas einfach umtrat. Das Spiel lief jedoch weiter, als ob nichts geschehen wäre – vermutlich genau deshalb, weil es in der Originalgeschwindigkeit auch für alle (den Unparteiischen eingeschlossen) so aussah, als ob nichts geschehen wäre. Dabei hätte die Fortuna in dieser Situation einen Strafstoß verdient gehabt und Zambrano die Rote Karte. Da Schiedsrichter Peter Sippel erklärt hat, den Tritt nicht wahrgenommen zu haben, ermittelt nun der DFB gegen den Frankfurter Spieler.

Update: Der DFB-Kontrollausschuss hat die Ermittlungen gegen Zambrano wieder eingestellt, weil er »nicht mit Sicherheit den Nachweis des Vorliegens eines krass sportwidrigen Verhaltens« erbringen konnte.

Werder Bremen – 1899 Hoffenheim

Der Horror für jeden Schiedsrichter ist es, bereits kurz nach dem Anpfiff eine extrem knifflige Situation beurteilen zu müssen. Robert Hartmann musste es, als der Hoffenheimer Abraham schon nach wenigen Sekunden den Bremer Hunt foulte und sich die Frage stellte: Gab es den Kontakt innerhalb oder außerhalb des Strafraums? In der Originalgeschwindigkeit sieht es nach »innerhalb« aus – umso mehr, als beide Spieler in diese Richtung laufen und Hunt im Strafraum fällt –, während die Zeitlupe eher »außerhalb« vermuten lässt, ohne allerdings die letzte Gewissheit zu liefern.

Viele haben sich gefragt, ob denn wohl der Hoffenheimer Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit regulär war. Die Antwort: Ja, er war es. Denn beim ersten Zuspiel stand Schipplock zwar im Abseits, er griff aber nicht ein, weil der Ball auf die Außenbahn abgelenkt wurde. Dort nahm nun der Hoffenheimer Ludwig den Ball an, wodurch eine neue Spielsituation entstand, die vorherige Konstellation also gewissermaßen »gelöscht« wurde. Als Ludwig das Spielgerät jetzt in die Mitte passte, befand sich Schipplock nicht mehr im Abseits, deshalb war der Treffer regulär.

Anders hätte es ausgesehen, wenn der Ball beim ersten Zuspiel direkt zu Schipplock abgefälscht worden wäre. Oder wenn er aufs Tor geschossen und dann vom Torgestänge respektive vom Bremer Torwart zu Schipplock gelangt wäre. In diesen Fällen hätte Letzterer regeltechnisch gesehen einen Vorteil aus seiner Abseitsposition gezogen. Dadurch, dass zwischenzeitlich aber ein anderer Spieler den Ball kontrolliert hatte – und genau diese Kontrolle ist hier entscheidend –, waren die Voraussetzungen für eine neue Spielsituation erfüllt.

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